Ligue 1: OGC Nice-AS Nancy 2:1

Die violette Achse auf Sommerfrische

Es ist fast schon, wie wenn der Städter auf Sommerfrische fährt. Man kommt gerne her, kennt dies, kennt das, entdeckt im Detail aber immer wieder Neues. So geht es auch uns, wenn wir wieder einmal beim „gym“ in Nizza, diesmal war die AS Nancy zu Gast. Das Stade du Ray schaut immer noch gleich charmant baufällig aus. Die Anzeigetafel ist zwar erneuert, das neue Modell dürfte aber immer noch um die 20 Jahre am Buckel haben. Und der Niki Lauda von Nizza (siehe hier und hier ) provoziert immer noch vergeblich den Gästesektor. Auch die Aufteilung der Fangruppen ist gleich geblieben, der Support-Boykott, der im Winter noch für Forums-Diskussionen gesorgt hat, scheint vergessen. Nur dürfte die Stimmung zwischen den Kurven nicht unbedingt besser geworden sein, das wirkungsvolle und beeindruckende Call-and-Response wird im ganzen Match nur einmal eingesetzt, ansonsten wird eher kreuz und quer gesungen. Schade.

Am Rasen hat sich auf den ersten Blick auch wenig geändert. Das Spiel beginnt mit zögerlichem Abtasten, nur langsam kommen die schnellen, schnörkellosen Angriffe von Nizza in Fahrt. Die Führung fällt dann aber eher überraschend, Loic Remy nutzt einen Fehler der Verteidigung mit einer schönen Körpertäuschung und netzt überlegt zum 1:0 ein. Remy ist übrigens jenen zweiten Blick wert, der die Änderungen, die die Sommerpause brachte, offenlegte. Er kam im Sommer aus Lyon und gilt als eines der größten Stürmertalente Frankreichs. Schlanke acht Millionen blätterte Nizza für ihn hin. Derart hohe Luftsprünge sind freilich nur möglich, weil nach der selten erfolgreichen vergangenen Saison – die Schwarz-Roten landeten auf Platz acht – die Kronjuwelen Nizzas um viel Geld an die Konkurrenz in Lyon und Marseille verkauft wurde. „Le gym“ befindet sich also in der schwierigen Phase, eine starke Saison mit einer neuen Mannschaft bestätigen zu müssen.

Dass diese Aufgabe keine leichte sein wird, zeigte sich auch gegen Nancy. Nach dem Führungstreffer zog sich Nizza zurück und Nancy gelang aus einem eher gerechtfertigten Elfer der Ausgleich. Die zweite Halbzeit war dann zum Vergessen, haufenweise Fehlpässe, Torchancen waren Mangelware. Wir konnten uns also dem Geschehen auf den Rängen zuwenden und beobachteten dass die Away-Crowd, die bisher stärkste bei unseren Besuchen war, und dass es doch tatsächlich wieder in Mode ist, ein Österreich-Shirt zu tragen. Unsere Verwunderung wurde nicht kleiner, als wir realisierten, dass ein Italiener sein Kind in Rot-Weiß-Rot gehüllt hatte. Aber gut, vielleicht wollte er nicht auffallen und es war das einzige Outfit, dass den Klubfarben Nizzas halbwegs entsprach.

Als wir uns doch noch einmal dem Spielfeld zuwendeten, sahen wir, wie Remy eine abgerissene Flanke für seinen Kollegen Traoré stoppte, der den Ball nur noch über die Linie zu drücken brauchte. Da war das Spiel aber fast schon wieder vorbei, immerhin entschädigten die letzten paar Minuten mit einem packenden Schlagabtausch für die zweite Halbzeit. Und wie es so ist auf Sommerfrische, will man die kulinarischen Blitzlichter der Region ebenfalls kennenlernen. Nachdem der Pizzawagen, ansonsten eigentlich für das Siegesmal zuständig, seinen Standplatz verlegt hat, entschlossen wir uns kurzerhand für ein Kebab der absurden Art. Vier hochgradig gestresste Gesellen waren geschlagene zehn Minuten damit beschäftigt, drei Kebabs anzurichten. Aber das war weiter nicht tragisch. Man hat ja Zeit, auf Sommerfrische.

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